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KAPITEL D: LUKAS 18,31 - 19,10

Ist nicht alles relativ?
Anders gesagt: "Alle haben ihre Wahrheit, eine objektive Wahrheit gibt es nicht. Deswegen lohnt es sich auch nicht wirklich, über die Wahrheit zu diskutieren." Diese Sichtweise hat meines Erachtens mehrere Schwachstellen:

  • Sie ist in sich widersprüchlich. "Es gibt keine objektive Wahrheit" - ist dieser Satz objektiv wahr?
  • Sie ist nicht lebbar. Wenn ich über eine Brücke gehe, kann ich mich vorher fragen, ob die physikalischen Gesetze, die der Architekt beim Bau beachtet hat, gültig sind. Ich kann vom Kopf her unentschieden bleiben. Aber sobald ich die Brücke betrete, gebe ich meine Neutralität auf.
  • Sie ist letztlich unverantwortlich. Grundlegende ethische Maßstäbe, z.B. die Menschenrechte, erheben zu Recht den Anspruch auf objektive Geltung. Dass Völkermord Unrecht ist, ist eben nicht nur relative Wahrheit, nicht nur "Geschmackssache". Das heißt nicht, dass keinerlei Diskussion über ethische Fragen möglich wäre. Es heißt nur, dass sie in der Absicht geführt werden muss, objektive Wahrheit zu erschließen.
  • Sie greift zu kurz. Ich finde unser Leben ist zu kostbar, als dass wir uns mit weniger als verlässlicher Wahrheit abgeben könnten. "Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?" fragt der Heidelberger Katechismus. Diese Frage braucht eine substanzielle Antwort.

War Jesus nicht einfach ein vorbildlicher Mensch?
Damit wird oft das Bekenntnis von Jesus als dem Sohn Gottes, dem menschgewordenen Gott (und der damit verbundene Einzigartigkeitsanspruch) zurückgewiesen. Der biblische Befund lässt diese Option aber nicht offen. Er präsentiert Jesus als einen Menschen, der in Wort und Tat beansprucht, an Gottes Stelle zu stehen.

  • Z.B. in einzelnen Spitzensätzen, die sich vor allem im Evangelium nach Johannes finden: "Ich bin ... die Wahrheit" (Johannes, Kapitel 14, Vers 6); oder "Ich und [Gott] der Vater sind eins." (Johannes, Kapitel 10, Vers 30).
  • Außerdem mit der Behauptung, Sünden zu vergeben, die sich in allen Evangelien findet (Markus, Kapitel 2, Vers 5-6;). Die Reaktion der Umstehenden zeigt: Damit stellt sich Jesus an die Stelle Gottes.
    Das heißt, er ist entweder ein Gotteslästerer, oder ein Verrückter - oder er hat Recht. Entweder ist er also sehr viel weniger als ein "vorbildlicher Mensch" - oder aber wesentlich mehr, nämlich der Sohn Gottes selbst: Nicht die "Steigerung" eines guten Menschen, sondern qualitativ auf einer anderen Ebene. Was glauben wir? Welchen Eindruck macht Jesus auf uns? Dieser Alternative sollte man sich stellen.