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KAPITEL F: LUKAS 24,36-49

Ist die Bibel denn nicht verfälscht und unzuverlässig?
"Worauf genau spielst du an?" würde ich zurückfragen. Vielleicht geht es dir um konkrete Stellen in der Bibel. Dann würde es natürlich mehr Sinn machen, diese Stellen direkt anzusprechen. Vielleicht hast du Christen in deiner Umgebung, die du danach fragen kannst. Ich bin sicher, dass sie gerne mit dir in die Bibel schauen werden.

Vielleicht geht es auch eher um einen allgemeinen Eindruck, den man aus Gesprächen oder aus den Medien gewinnen kann, wenn das Thema Bibel zur Sprache kommt.
Wenn das der Fall ist, würde ich gerne bei der Mitte ansetzen - bei Jesus. Im Zentrum des christlichen Glaubens steht ja gar nicht die Bibel selbst, sondern die Person Jesus. Deshalb geht es nicht etwa darum, erst einmal die Glaubwürdigkeit der gesamten Bibel pauschal zu bejahen, bevor man überhaupt sinnvoll über den Glauben nachdenken kann. Sondern es geht um Jesus: Von Jesus glauben die Christen, dass Gott in ihm Mensch geworden ist. Wenn wir Gott kennen lernen möchten, sollten wir uns also mit Jesus auseinandersetzen. Ist er vertrauenswürdig?

Um das herauszufinden, brauchen wir zunächst einmal gesicherte Informationen über ihn. Was hat er gesagt, getan, erlebt? Gibt es darüber historisch zuverlässige Daten? Ich bin überzeugt: Ja, die gibt es. 
Dazu ein paar Hinweise:

  • Textüberlieferung: Der ursprüngliche Text des Neuen Testaments der Bibel (NT) wird aus einer für die Antike beispiellosen Fülle von erhaltenen Manuskripten und Fragmenten rekonstruiert, die für jeden Forscher zugänglich sind. Dabei wird nach der anerkannten Methode der Textkritik.

  • Datierung der Schriften: Der Abstand zwischen den Ereignissen um Jesus und den ersten uns bekannten schriftlichen Zeugnissen beträgt laut der Mehrheit der (zum Teil sehr bibelskeptischen) Forschung ca. 20 Jahre (bei den Paulusbriefen) bzw. 30-70 Jahre (bei den Evangelien). Das ist im Vergleich mit anderen antiken Geschichtszeugnissen extrem kurz. In diesem Zeitraum könnten einzelne Details verändert, aber kaum ganze Ereignisfolgen frei dazu erfunden worden sein.
  • Mündliche Überlieferung: Im Gegensatz zu heute war in der Antike die mündliche Überlieferung u.U. sehr langlebig und zuverlässig. Es ist begründbar, dass Jesus selbst in seinen Reden die Gedächtnistechniken jüdischer Rabbiner gebrauchte, um seine Lehre für seine Jünger einprägsamer zu machen.

Wenn du Lust hast, hier noch tiefer einzusteigen: Nach christlicher Überzeugung ist der Anspruch von Jesus, an Gottes Stelle zu stehen, an einem Punkt deutlich bestätigt worden: nämlich in der Auferstehung. Christen glauben, dass Jesus nach dem Tod nicht im Grab geblieben, sondern zu neuem Leben auferstanden ist. Und: Dass die Auferstehung tatsächlich ein historisches Ereignis war, das der kritischen Überprüfung standhält. Wie andere historische Ereignisse auch ist die Auferstehung zwar nicht im strengen Sinne beweisbar, wohl aber denkmöglich und begründbar. 
U.a. sprechen folgende Indizien dafür:

  • Das leere Grab wird von allen relevanten Texten bezeugt. Glaubt man nicht an die Auferstehung, braucht man eine alternative Erklärung dafür. (Z.B.: Jemand hat den Leichnam entwendet. Wer? Die Jünger? Um selbst eine Lüge in die Welt zu setzen, für die sie später ihr Leben riskieren? Oder waren es Grabräuber? Dann hätten die jüdischen oder römischen Autoritäten nur den Leichnam ausfindig machen und vorzeigen müssen; dazu wären sie in der Lage und daran wären ihnen gelegen gewesen.)
  • Die Frauen am Grab waren laut den Evangelien die ersten Zeugen der Auferstehung. Doch in der Antike galt das Zeugnis von Frauen vor Gericht nichts. Gerade deswegen können wir heute davon ausgehen, dass diese Texte nicht konstruiert sind - dann hätte man (aus damaliger Sicht) kaum Frauen als Zeugen gewählt.
  • Der Stimmungsumschwung der Jünger. Die Jünger Jesu hatten seine Kreuzigung als Niederlage erlebt. Und doch sieht man sie wenige Tage danach durch Jerusalem ziehen und die Auferstehung verkünden. Sie wissen, dass sie sich damit in große Gefahr begeben. Auch hierfür braucht man eine alternative Erklärung, wenn man nicht an die Auferstehung glaubt. Psychologische Modelle sind wenig plausibel, weil sie meistens von einer Gruppenwirkung ausgehen; das NT berichtet aber von mehreren Einzelbegegnungen mit dem Auferstandenen. Zudem ist das Bekenntnis der Jünger von der Auferstehung verbunden mit dem Hinweis auf das leere Grab: Dieser Hinweis wäre zumindest theoretisch falsifizierbar gewesen (wenn nämlich das Grab nicht leer gewesen wäre). Suggestionen und Wahnvorstellungen dagegen sind meist "selbst erhaltende Systeme", die für prüfende Rückfragen prinzipiell verschlossen sind.